Motiviert von meinem Erfolg am Jubiläumsgrat, wollte ich eine ähnliche Strategie am Stüdlgrat anwenden. Da ich ihn schon einmal bei nicht optimalen Verhältnissen, im Oktober vor vielen Jahren im Schnee, mit André gemacht hatte, war mir klar, dass ich manche Passagen sichern musste – schnell und leicht wollte ich aber dennoch unterwegs sein.
Natürlich komme ich wieder einmal viel zu spät von der Arbeit los und bin erst gegen 17:00 Uhr auf dem Parkplatz am Luknerhaus, der jetzt 10 € (24 h) bis 14 € (2 Wochen) kostet. Mit dem Tourenski steige ich zur Stüdlhütte auf. Auf halben Weg, werde ich von der Dunkelheit „überrascht“. Ich versuche meine neue smarte Stirnlampe anzuschalten – aber nichts tut sich…eine LED blinkt nur rot. Dabei hatte ich sie gerade noch geladen, wie wild drücke ich alle möglichen Tastenkombinationen – es bleibt dabei und dunkel. Da es nun schon fast völlig dunkel ist verfehle ich immer wieder die Aufstiegsspur und rutsche zurück. Im steilen Gelände und bei Dunkelheit, versuche ich die Harscheisen einzusetzen und anschließend die Ski wieder anzuschnallen. Gar nicht so leicht…
Nicht mehr so schnell, dafür mit stetigem Vortrieb kann ich nun nervenschonend aufsteigen – die Lampe brauche ich jetzt auch nicht mehr – der Mond ist aufgegangen.
Das Frühstück am nächsten Morgen auf der Stüdlhütte entschädigt für so manche Strapaze am Vortag und Lagernacht. Pünktlich um 5:00 Uhr gibt es Kaffee, Saft, Rührei, verschiedene Sorten Müsli, Obst – eigentlich fast wie im Hotel. So gut gefrühstückt hatte ich bisher nur auf der Diavolezza. Nur der Cappuccino fehlt….
Um 6:30 Uhr komme ich von der Hütte los. Ich gehe den steilen Hang Richtung oberes Gletscherbecken hinauf. Dank einer Spur geht das auch recht zügig. Auf dem Gletscher Richtung Stüdlgrat breche ich jedoch immer wieder durch die Harschdecke. Ich möchte schneller gehen, muss aber aufgrund der Höhe von über 3000 m alle paar Meter pausieren. „Verdammt“ denke ich, auch fühle ich mich muskulär nicht völlig regeneriert – die letzte Lauf-Leistungseinheit steckt mir offensichtlich noch in den Knochen. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreiche ich doch noch den Einstieg. Ich sehe auf die Uhr und stelle fest, dass ich 2 h benötigt habe. Das ist eigentlich ganz in Ordnung, auch die Sommerzeit liegt bei 1 h 30 min.
Der Einstieg ist unproblematisch. Die leichte Kletterei im 1 bis 2er Gelände liegt mir. Nur der Schnee könnte besser sein. Dieser liegt leider nur lose auf dem Fels auf und gestattet keinerlei Belastung. Das wäre nicht weiter schlimm, leider sieht man nicht was unter dem Schnee ist. So erwische ich zweimal einen losen Stein und stürze. „An einer ausgesetzten Stelle darf mir das nicht passieren“ denke ich und erreiche die ausgesetzten 3er Kletterstellen. Inzwischen kommen mir leichte Zweifel über mein Risikomanagement. Ich möchte die Stellen sichern und schlaufe mein Seil durch den Ring. Meine Idee war, mich durch ein in der Länge verstellbares Seilstück zum nächsten Haken zu sichern – das Seil also nach und nach auszugeben. Leider funktioniert das mit der Kombi HMS + Prusik nicht sonderlich gut, so dass ich immer wieder im Seilzug bin. Oftmals nur auf den Frontalzacken balancierend schafft das nicht unbedingt vertrauen. Zusätzliches loslassen zum Seilausgeben ist dann auch suboptimal. „Irgendwie scheint das heute nicht mehr mein Tag zu werden“ denke ich und beschließe die Aktion zu beenden und abzusteigen.
Auf der Hütte wieder angekommen genehmige ich mir noch einen Apfelstrudel mit Vanillesoße und einen heißen Kakoa mit Sahne ***** auf die Kalorien! Jetzt beginnt aber für mich der weitaus schwierigste Teil: die Abfahrt – mit schwerem Rucksack kein Spaß! Wenigstens herschen bessere Bedingungen als beim letzten mal und so benötige ich nur eine Stunde für die Abfahrt (für mich unfassbar schnell).